Unser jährliches Michaeli-Fest, mit den beliebten “Mutspielen” für die UnterstufenschülerInnen fand vor den Herbstferien statt. Aber warum feiern wir in der Waldorfschule eigentlich Michaeli?

Michaeli gehört vor St. Martin und St. Nikolaus zu den drei Festen, die bildhaft dazu beitragen, die Menschen auf das Weihnachtsfest vorzubereiten.
Schon mit Johanni am 24. Juni beginnen die Sonnenkräfte abzunehmen und die Tage werden langsam kürzer. Die Tag- und Nachtgleiche liegt um den 23. September. Die größte Geschwindigkeit der Lichtabnahme liegt um Michaeli am 29. September. Die Kräfte, die das Wachstum in der Natur bewirken, ziehen sich allmählich zurück. In früheren Zeiten galt der Dank für die Ernte noch den Elementarwesen, wie z.B. den Korngeistern.

Die Fähigkeit alte Anschauungen, wie die lebendige Vorstellung von geistigen Wesen, die an dem Werden und Wachsen in der Natur beteiligt sind, mit dem christlichen Glauben zu verbinden, ging im Laufe der Zeit verloren. Dieser Prozess ging einher mit einer großen Bewusstseinsumwandlung der Menschen (naturwissenschaftliche Kenntnisse), die zunehmend ihr Sinnen und Trachten auf die Außenwelt richteten. Dadurch ist der Mensch heute nicht mehr in der Lage, den Atemzug der Erde nach innen ganz selbstverständlich mitzuvollziehen und somit die Kräfte zu erringen, mit denen er den Verführungen der “finsteren Mächte” widerstehen kann.
Diese Mächte werden in der Legende vom Erzengel Michael durch die “gefallenen Engel”, den “Satan” bzw. den “Drachen” ins Bild gebracht. Der Erzengel Michael, der den Drachen besiegt, ist ein Bild dafür, dass das Bewusstsein wach sein muss, damit das Böse durchschaut und bekämpft werden kann. Mit dieser Tat besiegte der Erzengel Michael die Kräfte der Finsternis, die versuchen, den Menschen zu zerstreuen, abzulenken vom Geistigen und an die materielle Welt zu fesseln. Täglich kann man Zeuge von Hass, Gewalt, Lüge und Zerstörung werden und es bedarf einer großen inneren Anstrengung, Kraft und Wachheit, um dem etwas entgegenzusetzen.

Die Michaeli-Zeit ist ein Aufruf an die Menschen, diese niederziehenden Kräfte zu erkennen und in ihre Schranken zu weisen.
Seit dem Mittelalter ist die Legende vom Heiligen Georg bekannt: Ritter Georg besiegte mit seiner Lanze den Drachen und erlöste dadurch die Königstochter, die geopfert werden sollte. Die Tat des Ritters auf der Erde entspricht der Tat des Erzengels im Himmel. Sie ist das Bild für den Seelenmut, der nötig ist, um die Todeskräfte wie Egoismus, Feigheit und Unwahrhaftigkeit zu überwinden.

Michael wird also als die geistige Macht verehrt, die dem Menschen beim Streben nach dem inneren Licht zur Seite steht.