Unter dem Motto „Tradition trifft Moderne“ waren im Januar die Handwerker unser Epochenthema. Nachdem wir uns damit beschäftigt hatten, wie nötig der Mensch es hat,  seine Hände zu benutzen (um sich so ein lebenserhaltendes und lebenswertes Umfeld zu erschaffen), betrachteten wir verschiedene Gewerke alter und neuer Form. Stände, Zünfte und Zunftzeichen trafen auf hohes Interesse.

Praktische Erfahrungen dabei zu sammeln war ein wesentlicher Aspekt und wurde durch die hohe Bereitschaft der Eltern und aller Beteiligten für die Kinder zu einer Aneinanderreihung verschiedenster, großartiger Erlebnisse.

Den Auftakt gestaltete Herr Matthies, der die Kinder in die Welt der Sanitär- und Heizungsinstallation einführte und ihnen die Möglichkeit gab, selbst Kupferrohre zu pressen.

Frau Schrammen-Hermann brachte mit Frau Schulz den Kindern – quasi in einem Zeitsprung – das uralte Handwerk des Töpfers näher und es entstanden unter ihrer fachkundigen Anleitung zauberhafte Tonvasen.

Ein recht junges Handwerk vemittelte uns danach Herr Widecki,

Kfz-Schadenssachverständiger. Der gelernte Automechanikermeister brachte eine wunderschön lackierte Platte mit (in der BMW-Farbe „Midnight Blue“) und zeigte uns daran, dass Autolack in verschiedenen Schichten aufgetragen wird. Was aber passiert, wenn man damit nicht sorgsam umgeht? Alle Kinder (und auch eine schockierte Lehrerin) hielten den Atem an, als Herr Widecki zunächst mit einem Hammer auf die Platte schlug und dann mit einem Schraubenzieher über die makellos lackierte Fläche kratzte. Der Schaden wäre an einer Autotür in die Tausende gegangen! Die Kinder nahmen sich sofort vor, ab jetzt vorsichtiger in das eigene Auto einzusteigen…

Auch an besuchsfreien Tagen arbeiteten die Kinder in der Klasse weiter – ich hatte Webrahmen angeschafft, und so konnte jedes Kind den Beruf des Webers individuell und kreativ im und am eigenen Rahmen erleben.

Der nächste Besuch brachte uns allen dann reichlich Glück! Herr Mecoch, Bezirks-Schornsteinfegermeister kam in voller Montur und erklärte nicht nur das Zunftzeichen, sondern auch seine Gerätschaften und die Eigenschaften, die man benötigt, um Schornsteinfeger zu werden. Wussten Sie, dass Schornsteinfeger sich um die vier Bereiche „Brandschutz“, „Umweltschutz“, „neutrale Beratung“ und „Werkssicherheit“ besonders verdient machen? Darauf verweisen die vier bunten Felder im Innungszeichen. Und dass man schwindelfrei und ohne Höhenangst sein sollte, war allen sofort klar. Warum aber bringt ein Schornsteinfeger Glück? Auch das erkannten die Kinder schnell: Ein Kaminkehrer sorgt für einen freien Schornstein und damit verringert sich die Brandgefahr. Also hatte man Glück, das Haus war vor Feuer gefeit… Zum Schluss erhielten die Kinder noch einen echten Glücksknopf von der Uniform eines Schornsteinfegers und weitere kleine Glücksgeschenke..  Einige Kinder entschieden sich in diesem Moment: „Das möchte ich gern werden!“

Ein 5000 Jahre altes Handwerk stand als Nächstes auf dem Besuchsplan: Schon die  Ägypter kümmerten sich sehr versiert um ihre Haar- und Bartpflege. Frau Widecki brachte alles mit, was eine Frisörin für ihr tägliches Handwerk benötigt. Die Kinder beobachteten sehr genau, wie Luis die Haare geschnitten bekam und dass dazu eine gewisse Technik nötig ist, damit die Frisur hinterher auch gut sitzt. Besonders spannend fanden die Kinder, dass man Locken zum Verschwinden bringen kann oder auch erzeugen – beides mit dem gleichen heißen Stab.. Für manche Kinder, die noch nie bei einem Frisör waren (weil das „Haarstudio Mama“ dies zu Hause erledigt), war dieser Besuch eine sehr interessante und spannende Erfahrung.

Weiter ging es mit einem recht modernen Beruf: Frau Rübenach erklärte uns, was sich hinter der Berufsbezeichnung „Produktdesignerin“ verbirgt. Die Kinder waren fasziniert davon, wie viele Schritte nötig sind, damit zum Beispiel eine neue Waschmittelflasche auf den Markt kommen kann. Auch die Entwürfe von Münzen verlangen nicht nur Kunstfertigkeit, sondern auch viel Kreativität, Detailgenauigkeit und handwerkliches Geschick. Dies erlebten die Kinder, als sie aus Gips ihre eigenen „Münzen“ herstellen durften. Dazu musste zunächst in einem Deckel mit einem Faden ein Muster gelegt und befestigt werden, damit danach der Gipsguss darüber fließen konnte. So entstand schließlich eine „geprägte Münze“.

Der Abschluss unserer Handwerkerepoche bildete dann ein Ausflug zur Backstube der Bäckerei Boos. Die Kinder sahen dabei zu, als 1500 Mehrkornbrötchen entstanden, verzierten ihre eigenen Donuts (die sie noch vor Ort verputzen durften), bestaunten einen 12-Kilo-Block Nougat und wunderten sich darüber, dass zweimal die Woche Erdbeermarmelade (für den Cafébetrieb) extra in der Backstube gekocht wird. Auch die sieben Käsekuchen, die von der Bäckerin Lena mit viel Kraft auf einer einzigen Platte über Kopf aus dem heißen Ofen geholt wurden, brachten uns zum Staunen.

Der Höhepunkt jedoch war für alle das Backen eines eigenen Brotes! Herr Boos wog den Teig ab und zeigte dann jedem Kind, wie das Brot gefalten und geknetet werden muss, damit sich keine Löcher im Brot befinden und es schön in Form kommt. Dann musste das Brot im Gärkorb gehen. Bei allen Broten lag ein kleiner Zettel mit den Namen des Kindes, so dass wirklich alle ihr eigenes Brot bekamen. Nach einer Weile konnten die – nun deutlich aufgegangenen Laiber mit Einschnitten versehen werden (auch das machte jedes Kind selbst) und schließlich kamen die Brote in den Ofen. Nach einer recht kurzen Backzeit von ungefähr 20 Minuten waren unsere Weizenmischbrote dann fertig – dem Duft konnte sich keiner entziehen. Als Dank für so einen wunderschönen Tag sprachen wir mit der ersten Gruppe am einen Tag das Gedicht „Das Brot“ von Wilhelm Busch und am nächsten Tag überreichte die zweite Gruppe es nochmal als Plakat. Jedes Kind hatte davon eine Zeile aufgeschrieben. Es wird wohl demnächst gerahmt im Laden hängen. Die Kinder bekamen schließlich ihr – noch heißes – Brot in einer Tüte mit nach Haus, wobei später in der Klasse an diesem Tag immer irgendwelche Mäuschen an einer Brotkruste schnurpselten und knasperten… 😉

Im April, wenn das Wetter schöner ist, werden wir noch einen Ausflug in das Freilichtmuseum Hagen machen, um dort einen Schmied und die Seilerei zu besuchen. Auch dabei werden alle sicherlich wieder viel Spaß haben und der Wichtigkeit des Handwerks durch eigenes Tun näherkommen.

 „Die Meister sind im ganzen Land als gut und ehrbar anerkannt…“ mit diesem Satz beginnt ein Gedicht zum Lobe des Handwerks. Wie wichtig und richtig das ist, haben wir in den letzten Wochen durch eigenes Tun erfahren und vielleicht so den Grundstein für späteren Nachwuchs gelegt. Denn alle in der Klasse haben es in den letzten Wochen gemerkt, geschätzt und bewundert: Die Meister des Handwerks sind unersetzlich!

Monika Jonas für die Klasse 3