Meisterstück aus rotem Leder 

Im April hat der Mönchengladbacher Nils Weber seine Meisterprüfung im Sattlerhandwerk als Jahresbester im Fachbereich Fahrzeugsattlerei vor der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz abgelegt. Der Berufswunsch entstand in der Werkstatt seines Großvaters. Gelernt hat er bei Karl und Achim Rütten. Sein Meisterstück war ein Geschenk an seinen Vater. 

Nils Weber erinnert sich noch gut an den Moment, als er als kleiner Bub von vier Jahren auf dem Zuschneidetisch in der Sattlerwerkstatt seines Großvaters die Beine baumeln ließ. Alles war damals faszinierend: die vielen Werkzeuge, ein Haufen von Einzelteilen, die sich aus seiner Sicht noch nicht zu einem großen Ganzen zusammenfügen wollten, und der Geruch von Leder. Erlebnisse wie dieses gaben den Ausschlag, dass der heute 25-Jährige nun selbst mit beiden Beinen fest im Sattler-Handwerk steht und im April darin auch die Meisterprüfung abgelegt hat – mit Auszeichnung als Jahresbester im Fachbereich Autosattlerei.
Seine Lehrherren waren die erfahrenen Mönchengladbacher Sattler Karl und Achim Rütten. Sie führten ihn in die komplette Bandbreite des Gewerks ein. Bei ihnen erlebte er nicht nur Spaß an der Instandsetzung von historischen Kutschen und Oldtimern, sondern erlernte auch die besonderen Anforderungen von Verkleidungen für exklusive Yachten und Privatjets.  

Nach der Gesellenprüfung blieb Nils Weber noch ein Jahr als Angestellter in seinem Ausbildungsbetrieb tätig. Dann wollte er „wandern“, wie es für Junggesellen im Handwerk schon seit Jahrhunderten Tradition ist. Sein Ausbilder Achim Rütten stellte den Kontakt zu einem Sattler her, der aus Mönchengladbach nach Mallorca umgesiedelt war, sich dort auf die Arbeit an Booten spezialisiert hatte und für die Aufträge noch gut zwei weitere helfende Hände gebrauchen konnte. Einen Sommer lang arbeitete der Junggeselle dann dort, wo andere Menschen Urlaub machen.
Zum Herbst hin flaute die Auftragslage ab, das Abenteuer war erlebt, und Nils Weber zog es zurück auf die Heimatscholle. 

Sein Vater, selbst Tischlermeister, war bereit, ihm für den Schritt in die Selbstständigkeit einen Teil seiner Halle abzutreten. Da im Sattlerhandwerk bestimmte Tätigkeiten wie zum Beispiel die Ausbildung oder die Arbeit an Airbags oder Hochvolt-Fahrzeugen nur nach erfolgreich absolvierten Zertifizierungen ausgeführt werden dürfen, entschloss sich Nils Weber zum Besuch der Meisterschule. Die das als einzige deutschlandweit in Vollzeit anbietet, liegt im südbayerischen Mainburg. Dort erarbeitete er sich dann innerhalb von drei Monaten zusammen mit 14 Berufskollegen die theoretischen und praktischen Fachkenntnisse und stellte sich anschließend erfolgreich der Meisterprüfung in seinem Fachgebiet.

Innerhalb von 36 Arbeitsstunden fertigte er sein Unikat: eine leuchtend rote Sitzverkleidung aus Leder. Das Fahrzeug gehört seinem Vater; die Bezüge waren ein Geschenk, mit dem sich Nils Weber für das Abtreten des Hallenteils bei ihm bedankte. Seit Beginn seiner Selbstständigkeit konnte sich der Jungmeister schon einen veritablen eigenen Kundenkreis aufbauen.

Seine Projekte betreffen Fahrzeuge aller Art; einen besonderen Schwerpunkt bilden aus der Mallorca-Erfahrung heraus Boote. Regelmäßig und gern arbeitet er bei seinem Großvater Heinz Weber mit, der mittlerweile 72 Jahre zählt. Dessen Werkstatt steht heute nicht mehr in Lürrip, sondern in Neuwerk. Und aus dem Bub auf seinem Zuschneidetisch ist nun ein gestandener Meister geworden. Aber sonst hat sich nicht viel geändert; die Leidenschaft fürs Sattler-Handwerk ist noch die gleiche wie vor 21 Jahren.

Text: KREIHA INFO/Julia Kreuteler